Vier Apps für ein Halleluja: Der KI-Kraftcocktail zum schriftlichen DSD 2


Wenn man Schüler und Schülerinnen nach ihren Präferenzen bezüglich des Feedbacks zu ihren selbst verfassten Texten befragt, zeigt sich ein klares Muster: Die Mehrheit bevorzugt zweifellos die Rückmeldungen von Lehrkräften oder Mitschülern gegenüber denen von künstlicher Intelligenz.

Hiermit könnte der vorliegende Blogbeitrag bereits abgeschlossen werden. Denn obwohl dir sicherlich schon lange bewusst ist, dass Personenflugverkehr längst hochgradig automatisiert worden ist, setzt du dich sicherlich trotzdem auch immer noch nicht gern in einen Airbus, ohne vor Start die vertrauensvolle Stimme eines Piloten zu vernehmen. Genauso offensichtlich nachvollziehbar ist es, dass Schüler und Schülerinnen grundsätzlich immer mehr Vertrauen in die Präzision und Qualität von Rückmeldungen durch menschliche Feedbackgeber haben, wenn es um ihren Lernfortschritt und ihre Lernperspektiven geht, im Vergleich zu maschinengenerierten Rückmeldungen.

Und das nicht ohne Grund: Das Feedback durch eine Lehrkraft kann in Echtzeit während des Unterrichts und unter Berücksichtigung der individuellen Vorkenntnisse der Schüler erfolgen. Erfahrene Lehrkräfte sind in der Lage, aufgrund persönlicher Interaktionen die individuelle Lernhistorie, die Stärken und Schwächen eines jeden Schülers oder jeder Schülerin zu kennen und das Feedback entsprechend anzupassen. Dadurch werden äußerst spezifische Rückmeldungen zum individuellen Lernstand ermöglicht. Darüber hinaus haben die Schüler und Schülerinnen die Möglichkeit, unmittelbar Fragen zu stellen, falls sie das erhaltene Feedback nicht verstehen. Deshalb ist Methodenschatz in der Arbeit an Schulen auch wichtig.

In einer idealen Lernumgebung ist Lehrerfeedback also zweifellos die optimale Art von Feedback. Leider ist der Alltag an Schulen jedoch von diesem idealen Zustand weit entfernt. Dies zeigt sich in den desaströsen Ergebnissen in verschiedenen Bildungsstudien, dem Mangel an Lehrkräften, überladenen Lehrplänen und den Herausforderungen einer immer heterogeneren Schülerschaft. Schule ist heute bis zu den Zähnen akademisiert, während Universitäten zusehends verschulen – während die Kosten der Bildungssysteme weltweit fast ohne Ausnahme bei seit 40 Jahren gleichbleibenden (gemessenen!) Ergebnissen explodieren.

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Effektives Feedback ist zunächst zeitaufwendig. Wenn eine Lehrkraft jedem Kind Rückmeldung zu jeder Aufgabe geben möchte, ist dies nicht nur anstrengend für die gesamte Klasse, sondern führt auch dazu, dass der reguläre Unterricht vernachlässigt wird. Wenn die Lehrkraft die Texte der Schüler aber am Nachmittag oder am Wochenende überprüft, erfolgt das Feedback oft mit erheblicher zeitlicher Verzögerung. Der Zusammenhang zur Lernthematik geht verloren, und das Feedback verliert an Bedeutung für die Schüler und Schülerinnen. Jeder Lehrer mit einem oder sogar zwei Sprachfächern kann davon ein Lied singen.

Lehrkräfte, die anbieten, die Texte der Schüler zu bewerten, sind auch oft überrascht, wie wenig diese Unterstützung tatsächlich in Anspruch genommen wird. Dies liegt nicht hauptsächlich an der Faulheit der Schüler und Schülerinnen, sondern kann andere Gründe haben. Einige Schüler fürchten, dass das Feedback der Lehrkraft von persönlichen Vorurteilen beeinflusst sein könnte, und daher kein faires Feedback zu erwarten ist. Andere wiederum befürchten, dass das Feedback trotz aller Beteuerungen bewusst oder unbewusst in ihre Endnote einfließt. Und nicht zuletzt auch in Chile spielt prozesshaftes Lernen eine gelinde gesagt marginale Rolle.

Als Alternative bietet sich immerhin noch das Feedback von Mitschülern an. Selbst wenn 30 Schüler sich gegenseitig Feedback geben, kann dies offensichtlich schneller bereitgestellt werden als wenn die Lehrkraft alleine die 30 Texte überprüfen und Feedback geben würde. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass Schüler oft eine andere, subjektivere Perspektive bieten, die die Lehrkraft möglicherweise nicht bieten kann. Schüler neigen auch dazu, eher weniger Aspekte zu beleuchten, während Lehrer schnell zu viel Feedback produzieren, was vom Schüler im Moment aber gar nicht aufgenommen und produktiv umgesetzt werden kann. Das gemeinsame Diskutieren über die eigenen Texte fördert außerdem den Aufbau einer gemeinschaftlichen Lernumgebung.

Allerdings beklagen in meinem Unterricht viele Schüler die Qualität des Feedbacks ihrer Mitschüler. Ungeschicktheit, mangelnde Erfahrung, fehlendes Wissen oder Konflikte in der Klasse führen nicht selten zu wenig aussagekräftigen, emotional gefärbten, weniger objektiven oder manchmal sogar falschen Rückmeldungen. Peer-Feedback allein kann zielorientierten Unterricht und Kompetenzaufbau also auch nicht garantieren. Dazu kommt eine wachsende Anzahl schüchterner Schüler, die sich jedoch bei der offenen Diskussion von anonymen Textprodukten oft durchaus sehr proaktiv und konstruktiv einbringen – hier hat technisch bedingt im Unterricht Curipod die Nase vorn, wie ich hier schon einmal gezeigt habe.

Es lohnt sich daher, einen Blick auf Feedback-Apps basierend auf künstlicher Intelligenz zu werfen. Mit Curipod habe ich eines dieser Instrumente schon ein Jahr lang intensiv getestet und gemeinsam mit den Schülern positive Erfahrungen gesammelt. Mit fiete.ai kommt nun ein zweites solches Tool auf den Markt. Interessant ist, dass im Gegensatz zu Curipod – das sich auf kurze Sequenzen und Aktivierung der Lerner sowie KI-generierte Impulse entlang methodologischer Schwerpunkte konzentriert – fiete.ai ganz dem KI-basierten Feedback zu Lernertexten verschreibt.

Obwohl es noch nicht viele solcher Tools gibt, ist es nicht überraschend, dass viele Lehrkräfte, Schüler und Eltern ihnen nicht vollständig vertrauen. Datenschutzbedenken und der Mangel an menschlicher Interaktion werden als die Hauptprobleme digitaler Rückmeldungen von Lehrkräften und Schülern identifiziert. Philippe Wampfler beklagt sogar, dass KI-Tools keine echte Individualisierung bieten.

Trotzdem lohnt ein Blick auf KI-Tools! Die ersten datenschutzkonformen Tools stehen in den Startlöchern. Die Ablehnung von KI in der Schule nimmt ab, wie eine repräsentative Forsa-Umfrage des Raabe Verlags zeigt. KI-basierte Feedback-Apps bieten auch entscheidende Vorteile, insbesondere in den Bereichen, die von Lehrkräften und Mitschülern als problematisch erachtet werden: Schülerinnen und Schüler können innerhalb von Sekunden Feedback zu ihren Texten erhalten. Die Zeitersparnis für die unterrichtenden Lehrkräfte ist so erheblich, dass sie ihre gewonnenen Kapazitäten in individuelle Lernumgebungen, die Pflege der Beziehungen und die fachliche Arbeit mit den Schülern investieren können.

Darüber hinaus müssen Schüler nicht befürchten, dass die KI ihre Fehler bewertet. Eine KI ermüdet nicht und reagiert nicht genervt, selbst wenn ein Fehler trotz Hilfe und Korrektur wiederholt auftritt. Sie kann tendenziell objektivere Rückmeldungen liefern und erkennt aufgrund großer Datensätze Muster, die Lehrkräften möglicherweise entgehen. Die Zusammenführung des individuellen Schülerfeedbacks in einer umfassenden Auswertung durch die KI ermöglicht es auch, Kompetenzlücken in der Lerngruppe rechtzeitig zu erkennen. Somit wirkt das digitale Feedback in beide Richtungen: auf die Schüler, die sich fachlich verbessern, und auf die Lehrkräfte, die ihren Unterricht überprüfen und anpassen können.

Die Ausgangsfrage ist somit falsch gestellt: Es geht nicht darum, ob Mensch oder Maschine besseres Feedback gibt, sondern wie die Vorzüge aller drei Arten von Feedback in zeitgemässem Unterricht kombiniert werden können. Es handelt sich nicht um ein “entweder oder”, sondern um ein “sowohl als auch”.

Der zeitgemäße Unterricht erfordert das persönliche Fachwissen der Lehrkraft, das subjektiv geprägte Feedback der Mitschüler und die ergänzende digitale Rückmeldung einer auf künstlicher Intelligenz basierenden Feedback-App. Die Leistung der Lehrkraft wird in der Zukunft darin bestehen, die drei Feedbackarten zu orchestrieren und zu entscheiden, welche Art des Feedbacks in einer bestimmten Sequenz mit einer bestimmten Methode am förderlichsten ist.

Fiete.ai macht auf den ersten Blick einen soliden Eindruck. Darüber hinaus hat mich beeindruckt, dass es sich um eine Entwicklung aus Deutschland handelt. Denn das ist mittlerweile in der Entwicklung von Technologie und KI international doch eigentlich weit abgeschlagen.

Das Interface von Fiete.ai ist erstaunlich sauber, schnell und intuitiv – auf Lehrer- wie Schülerseite. Die Lernkurve ist auch für Non-Techies erfreulich flach. Neben der Eingabe der entsprechenden Aufgabe werden die Ausgangsmaterialien bereitgestellt sowie Kriterien der Bewertung und Klassenstufe gewählt. Per Link oder QR-Code kann die Aufgabe verteilt werden, eine Einschränkung der Bearbeitungszeit kann festgelegt werden, was pädagogisch durchaus sinnvoll ist.

Meine ersten Erfahrungen mit dem Tool sind positiv – ich könnte mir vorstellen, den schriftsprachlichen Aufbau im Bereich KI eher mit fiete.ai als mit Curipod zu lösen. Denn die Schülerergebnisse werden schneller und übersichtlicher gesammelt, auch der Start in die Schreib- und Feedback-Aktivitäten gelingt mit fiete.ai noch schneller und einfacher als mit Curipod. Das hingegen hat m. E. nach andere Stärken, für die wiederum fiete.ai nicht in Frage kommt.

Ein Wermutstropfen ist, dass nach der finalen Abgabe die Texte aus fiete.ai zur Weiterbearbeitung händisch herauskopiert werden müssen. Das ist umständlich, wäre sicherlich durch einen Copy-Button oder eventuell eine Exportfunktion besser zu lösen. Hier punktet ganz klar noch Curipod.

Erstes Feedback an Schüler nach Absenden des Texts von fiete.ai

Auch das wird in Zukunft eine Herausforderung sein, der sich Lehrkräfte stellen müssen. Wir brauchen örtliche Experten, Multiplikatoren und Vereinbarungen dafür und darüber, welche Apps wie und wann wofür eingesetzt werden sollten. Dafür kommt man um ein Experimentieren und Ausprobieren nicht umher. Momentan halte ich die Kombination aus Curipod und fiete.ai mit Whimsical und Gapminder für den Zaubertrank hinsichtlich der schriftsprachlichen Vorbereitung vom DSD 1 zum DSD 2. Das kann sich aber natürlich bei der derzeitigen Entwicklungsgeschwindigkeit in Sachen Lerntools und Künstlicher Intelligenz schnell ändern.

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